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Zehn Tage Zeltlager

Von Kerstin Petry

Portrait Kerstin Petry

Ich kann mich noch sehr gut an den Tag erinnern, als mein Sohn zum ersten Mal alleine in der Kita blieb – für eine Stunde zur Eingewöhnung. Statt es zu genießen, saß ich wie paralysiert auf der Terrasse und habe mein Handy angestarrt. Schließlich könnte ja die Kita anrufen, weil mein Sohn mich vermisst, er gestürzt oder sonst was schief gegangen ist. Die mütterliche Fantasie kennt da leider kaum Grenzen. Ähnlich nervös war ich beim ersten gemeisterten Schulweg, den er ohne mich bestritt und seinen ersten Verspätungen beim genüsslichen Trödeln auf dem Nachhauseweg (mein Tipp: Sollte ein Bach zum Staudamm bauen auf dem Schulweg liegen, suchen Sie da zuerst).
Letztes Jahr dann die ultimative Steigerung: zehn Tage Zeltlager. Klar, die Kinder übernachten öfter bei den Großeltern oder bei Freunden, aber zehn Tage im Zelt, betreut von Jugendlichen irgendwo in der Eifler Wildnis – da musste ich dann doch mal schlucken und sah mich schon zehn Tage am Stück ununterbrochen aufs Handy starren. Tatsächlich regnete es dann auch einen großen Teil der Zeit, es war nachts bitterkalt, Sturm und Gewitter inklusive. Ein Heimweh-Anruf allerdings blieb aus. Im Gegenteil: Nach zehn Tagen kam mein Sohn vollkommen heiser, verdreckt und mit einem seligen Lächeln auf dem Gesicht wieder und hatte die schönste Zeit seines Lebens. Und auch ich habe irgendwann – eigentlich ging es sogar ziemlich schnell – mein Handy zur Seite gelegt und die Zeit mit nur einem Kind genossen. So wächst man als Mutter mit seinen Aufgaben und übt sich Stück für Stück im Loslassen. Tja, und dieses Jahr sind schon beide Kinder alt genug, um mit ins Zeltlager zu fahren. Ich schmiede wilde Pläne, wie ich die zehn Tage verbringen werde. Das Handy anstarren und auf einen Anruf warten, gehört definitiv nicht dazu.
Herzliche Grüße
Kerstin Petry