
Ich bin ein Sandwichkind. Laut Begriff bin ich, wie auf einem Sandwich, eingeklemmt zwischen meiner 15 Monate älteren Schwester und meinem zehn Jahre jüngeren Bruder. Habe ich mir mal Gedanken darüber gemacht, dass ich das mittlere und nicht das älteste oder jüngste Kind bin? Vielleicht als meine Schwester 18 war und plötzlich all die Dinge durfte, die ich auch unbedingt schon machen wollte. Oder als mein Bruder im Teenageralter war und meine Schwester und ich feststellten, dass meine Eltern bei ihm deutlich weniger streng waren als bei uns. Aber habe ich mich jemals gefragt, ob meine Eigenschaften und Eigenarten, meine Persönlichkeit, damit zusammenhängen, dass ich das mittlere von drei Kindern bin? Ganz sicher nicht. Genau das hat jetzt aber eine Studie kanadischer Wissenschaftler untersucht.
Die Studie basiert auf den Daten von mehr als 700.000 Menschen, die einen Online-Fragebogen mit mehr als 100 Fragen ausgefüllt haben. Und sie reiht sich ein in eine ganze Reihe von Untersuchungen, die wahlweise einen Einfluss der Geschwisterreihenfolge auf die Persönlichkeit sehen oder aber überhaupt keinen. Diese hier kommt zu dem Ergebnis: Mittlere Geschwisterkinder sind ehrlicher und bescheidener.
Gibt man „Studie über Geschwister“ in die Google-Suche ein, kommen unter anderem folgende Ergebnisse: „Geschwister schaden laut Studie der Psyche.“ „Brüder und Schwestern prägen den Charakter weniger als gedacht.“ Und dann: „Laut Studie: Wer Geschwister hat, ist psychisch gesünder.“ Zu so gut wie jeder Annahme über Geschwister gibt es Studien, die in die eine Richtung deuten und welche, die genau das Gegenteil behaupten.
Ist die Erkenntnis aus all diesen Studien da nicht eigentlich: Geschwister zu haben oder nicht zu haben, jüngere und/oder ältere zu haben, ist ein Einflussfaktor von sehr vielen auf die Psyche und die Persönlichkeitsentwicklung von Menschen? Denn ob ich ehrlich oder bescheiden, glücklich oder unglücklich bin, hängt doch mit allen möglichen äußeren Einflüssen zusammen und nicht zuletzt auch damit, wie meine Geschwister sind, wie sie mit mir umgehen und nicht nur, ob sie älter oder jünger sind.
Ich für meinen Teil kann mit Überzeugung sagen: Ich bin weder ehrlicher noch bescheidener als meine beiden Geschwister. Aber vielleicht bin ich auch kein klassisches Sandwichkind, weil mein Bruder so viel jünger ist? Ich bin relativ sicher, die eine Studie sagt so, die andere so.