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Das Mama-Taxi ist da

Von Kerstin Petry

Portrait Kerstin Petry

„Du studierst Germanistik? Dann willst du später sicher mal Taxi fahren.“ Das war der wohl meistgehörte Witz während meines Studiums. Ein zum Augen verdrehen lustiger Schenkelklopfer, aber was soll ich sagen: Ein Stück weit hatten alle recht. Denn lange Zeit habe ich tatsächlich täglich Menschen an die von ihnen gewünschten Orte kutschiert. Allerdings waren es kleine Menschen, die ziemlich schlecht bezahlt haben. Höchstens mit einem Danke und einem Abschiedsküsschen wurde ich von meinen Kindern entlohnt.
All die Mama-Taxifahrten habe ich mir natürlich selbst eingebrockt: Die Kinder hatten in ihrem kurzen Leben schon viele Hobbys, ziemlich viele sogar. Und ich habe zu allen Wünschen „Ja“ gesagt: Turnen, Karate, Tanzen, Leichtathletik, Basketball, Posaune, Klarinette. Zu den Freundinnen und Freunden der Kinder habe ich auch nicht „Nein“ gesagt und so waren wir ständig auf Achse.
Ich weiß nicht, wie Ihre Kindheit aussah, aber meine war da ganz anders. In einem kleinen Dörfchen aufgewachsen, bestand mein Afterschool-Leben vor allem aus dem Hobby „auf die Straße gehen und schauen, wer sich da zum Spielen findet“. Meine Mutter hat sich das Taxifahren gespart. Nicht, weil sie etwas anderes als Germanistik studiert hätte, sondern weil sie schlicht keinen Führerschein hat. Und Busse fuhren so selten, dass sie keine Option waren. Dieses Spielen auf der Straße kann man romantisieren und war zeitweise auch wirklich schön, aber so ein richtiges Hobby habe ich mir damals schon auch gewünscht und wollte das meinen Kindern deshalb ermöglichen. Wer hätte gedacht, dass es so ausartet.
Tatsächlich ist mein Plan aber aufgegangen: Heute hat jedes Kind seine Lieblingshobbys gefunden. Erreichbar ist alles mit dem Roller oder dem Fahrrad, und so tingeln sie mehrmals die Woche alleine los und haben eine gute Zeit. Am Ende bleiben mit Turnieren, Konzerten, Kindergeburtstagen und Co. immer noch viele Termine übrig. Das Mama-Taxi rostet also erstmal nicht ein – wäre ja auch langweilig.

 

Grüße von unterwegs
Kerstin Petry