// lieferbeginn readonly Skip to main content

Kinder an die Macht

Von kruschel

Portrait Kerstin Petry

Zum Weltkindertag am 20. September haben wir Kinder gefragt, was sie sich von der Politik wünschen. Seitdem denke ich: Vielleicht wäre die Welt eine bessere, wenn Kinder wählen oder gar die politische Agenda setzen dürften. Denn sie wünschen sich von der Politik eine Welt ohne Krieg, Hilfe für arme Menschen, mehr Fahrradwege, Abenteuerspielplätze und mehr Einsatz für den Klimaschutz. Außerdem mehr Zeit für Freunde und zum Chillen. Ganz ehrlich: Das klingt nicht nach schlechter Politik. Im Gegenteil – es klingt nach einer Agenda, mit der man locker Wählerstimmen gewinnen könnte.
Selbst das Argument, dass Kinder zu naiv und impulsiv für Politik sind, ist mit Blick auf die aktuelle Weltpolitik nicht wirklich haltbar. Da klingt doch die Forderung nach mehr Klimaschutz wesentlich vernünftiger als das Leugnen des wissenschaftlich hundertfach bewiesenen, menschengemachten Klimawandels. Und sicher habe ich vom hochbetagten mächtigsten Mann der Welt in letzter Zeit öfter den Satz „Das ist voll unfair!“ gehört als von meinen Kindern. Sie haben verstanden, dass Erpressung kein Mittel ist, um ans Ziel zukommen und dass es wichtig ist zu teilen, wenn man mehr besitzt als andere.
Wenn das die hochgelobte „Reife“ der Erwachsenen ist, sollten wir wirklich mal darüber diskutieren, das Wahlalter herabzusetzen. Bis jetzt gilt: Wählen darf man unsere Bundesregierung erst ab 18 – mit der Begründung, dass Kinder und Jugendliche die Tragweite politischer Entscheidungen nicht überblicken können. Aber mal ehrlich: Können das alle Erwachsenen? Vielleicht wäre es eine bessere Idee, Menschen über 70 das Regieren von Ländern zu verbieten, mit der Begründung, dass ab 70 die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit und die Konzentrationsfähigkeit abnimmt. Wie soll man da sinnvolle politische Entscheidungen treffen?
Nehmen wir doch mal die Stimmen der Kinder ernster und hacken nicht ständig auf ihnen herum. Denn wer Krieg doof findet, Armut ungerecht und Klimaschutz wichtig – der hat ja schon mal die Grundidee von Politik verstanden. Nämlich die Welt ein bisschen besser zu machen für ein friedliches Miteinander.
Vielleicht gäbe es mit Kindern, die mitbestimmen dürfen, weniger Konflikte, eine gesündere Umwelt – und auf jedem Marktplatz einen Abenteuerspielplatz. Klingt naiv und nach einer Utopie? Vielleicht. Aber es wäre eine, in der es sich doch ziemlich gut leben ließe.

Kerstin Petry