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“Isch hap tisch lieb“

Von Andrea Früauff

Zugegeben, es mag eine Berufskrankheit sein, aber es macht mir einfach Spaß, nach Rechtschreibfehlern zu suchen. Eigentlich suche ich gar nicht, sie springen mir einfach ins Auge. Egal, ob im Elternbrief, in der Tageszeitung, beim Lesen eines Romans oder einer E-Mail – wenn etwas nicht stimmt oder mir komisch vorkommt, schlage ich es im Duden nach und freue mich, wenn ich es richtig geschrieben hätte. Manche mögen das Besserwisserei nennen und lästig finden, in meinem Beruf als Redakteurin ist es aber ziemlich hilfreich. Und auch privat werde ich immer wieder gebeten, Abschlussarbeiten, Bewerbungen oder sonstige wichtige Dokumente Korrektur zu lesen.
Dabei haben meine Eltern und meine Lehrer nichts Besonderes getan, um mir die Rechtschreibung beizubringen. Das ging so nebenbei. Ich habe viel gelesen, oft Briefe geschrieben und bin normal durch die Schulzeit gekommen. Als meine eigenen Kinder dann in der Schule waren und die ersten Hausaufgaben bekommen haben, fand ich es wichtig, die Ergebnisse durchzulesen und gegebenenfalls auf Fehler aufmerksam zu machen.
Natürlich fanden sie das nicht immer super, aber mit dem Argument: „Ist doch besser, wenn ich es sehe, als wenn es dir dein Lehrer oder deine Lehrerin anstreicht“, konnte ich sie meistens überzeugen. Und natürlich habe auch ich mich über kleine Erstklässler-Zettelchen mit der Aufschrift „Isch hap tisch lip“ amüsiert und mich mit orthografisch korrekten Zettelchen bedankt.
Deshalb finde ich die vielfach praktizierte Methode „Schreiben nach Gehör“ kontraproduktiv. Natürlich soll man Kindern nicht die Lust am Schreiben nehmen, indem man bei ihren ersten „literarischen Versuchen“ mit dem Finger auf jeden Fehler zeigt. Aber wenn sie sich das Schriftbild falsch einprägen, ist es später umso schwieriger, die korrekte Schreibweise zu verinnerlichen.
Deshalb habe ich versucht, den Ehrgeiz meiner Kinder zu wecken. Sie WOLLTEN die Wörter ja richtig schreiben. Und bei einer Rechenaufgabe gibt es schließlich auch nur ein richtiges Ergebnis. Wie man etwas schreibt, steht im Duden. Punkt. Da kann man es nachschlagen.
Das setzt sich später in den Fremdsprachen fort. Auch dafür gibt es Nachschlagewerke und es ist eben nicht egal, ob der Accent im Französischen nach links oder nach rechts zeigt oder – um wieder zum Deutschen zurückzukommen – ob man sagt: „Komm, wir essen, Oma!“ oder „Komm, wir essen Oma!“. Wer möchte schon von seinen Enkelkindern verspeist werden… Ich jedenfalls nicht.

Und wie siehst du das? Schick uns doch gerne eine E-Mail mit deinen Erfahrungen an kruschel@vrm.de.

Ein schönes Wochenende wünscht dir

Andrea Früauff