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Elternabend – Drama auf kleinen Stühlen

Von Eva Fauth

Portrait Kerstin Petry

Elternabend. Bei diesem Wort zucken viele Eltern zusammen, als hätte man ihnen gerade einen Weisheitszahn ohne Betäubung gezogen. Über diese leidvollen Abende auf viel zu kleinen Stühlen ist schon viel geschrieben worden (Grüße an Herrn Fitzek). Besonders eine Situation hat jedes Jahr wieder literarisch-satirisches Potenzial, weil sie so viele Momente der Scham bereithält: Die Wahl zur Elternsprecherin (ich nehme hier die weibliche Form, weil ich noch keinen Elternabend erlebt habe, an dem sich ein Mann hätte wählen lassen. Aber die Männer – nur Mut – sind selbstverständlich mitgemeint). Der Frage, ob jemand bereit ist, sich zur Elternvertreterin wählen zu lassen, folgt normalerweise eine gefühlte Stunde betretenen Schweigens. Alle schauen unter sich, knibbeln an ihren Fingernägeln und ein stummer „NEEEIIIINN“-Schrei durchweht das Klassenzimmer. Dann gibt es vonseiten der Lehrkräfte unterschiedliche Reaktionen: Die einen sprechen die Anwesenden nach und nach persönlich an (schlimm). Andere beteuern in ausführlichen Ansprachen, dass die Arbeit in diesem Amt quasi gegen null tendiert. Dann gibt es die berühmt-berüchtigte Frage, ob denn jemand einen Vorschlag für eine geeignete Kandidatin habe. In diesem Jahr ist mir gar zu Ohren gekommen, dass eine Lehrerin die Tür zum Klassenraum versperrte mit den Worten: „Ohne eine Wahl können Sie diesen Raum leider nicht verlassen.“

Am Ende findet sich natürlich immer jemand, der zu Hause nicht lange genug das Neinsagen geübt oder sich keine passende Ausrede à la „mein Hund hat meine Motivation gefressen“ zurechtgelegt hat. Wollen Sie mal raten, wer diese jemand in der Klasse meines Sohnes war? Richtig! Gratulieren Sie mir gerne zu meinem neuen Amt. Aber eines muss ich sagen: Schon sehr lange wurde mir nicht mehr so viel Dankbarkeit entgegengebracht. Alle Eltern hätten mir am liebsten die Füße geküsst, weil ich mich geopfert habe. Und, aber das verraten Sie bitte niemandem: Ich finde das Dasein als Elternvertreterin gar nicht so tragisch. Ich habe das in der Grundschulzeit schon einige Jahre geübt und es hat, naja, Spaß gemacht. Und weil es jetzt eh nicht mehr drauf ankommt, lasse ich mich auch noch in den Schulelternbeirat wählen und erwarte quasi täglich meine Heiligsprechung.

Ein schönes Wochenende wünscht
Kerstin Petry