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Demokratie – ganz normal, oder?

Von Kerstin Petry

Portrait Kerstin Petry

Kindern den Wert einer Demokratie näherzubringen, ist gar nicht so leicht. Es ist ihre Lebensrealität, dass sie ohne Angst und durch das Grundgesetz geschützt in einem friedlichen Land leben dürfen. Gemeinsam mit ihrer Familie, ihren Freundinnen und Freunden – egal, woher diese kommen oder wen sie lieben. „Isso. Voll normal halt“, hätten meine Kinder noch bis vor Kurzem gesagt.

Doch zumindest bei uns zu Hause hat sich das seit dem Bekanntwerden des Potsdamer Treffens geändert. Wir haben den Kindern erklärt, was dort diskutiert wurde, und sie haben schnell verstanden, dass einige ihrer Freundinnen und Freunde von den menschenverachtenden Plänen betroffen wären. Dass sie aus rein rassistischen Gründen aus dem Land vertrieben und verfolgt würden. Sie verstehen auch, dass solche Pläne nur deshalb nicht in die Tat umgesetzt werden können, weil wir in einer Demokratie leben. Und weil wir das Grundgesetz haben, in dem Regeln stehen, die Menschen vor Benachteiligung und Verfolgung schützen.

Damit das auch so bleibt, und keine Partei an die Macht kommt, die an Demokratie und Grundgesetz rütteln will, um Vertreibungen möglich zu machen, gehen zurzeit Hunderttausende Menschen auf die Straße. Denn auch das ist Demokratie: sich friedlich zu versammeln und ohne Angst zeigen zu dürfen, wenn einem etwas nicht passt. Sich jenseits von Wahlen Gehör zu verschaffen und sich laut an die Politik zu wenden, um zu sagen: „Wir sind unzufrieden, also unternehmt etwas!“ Demonstrationen sind gelebte Demokratie. Für Kinder kann es ziemlich beeindruckend sein zu sehen, welche Kraft von solchen Versammlungen ausgeht.

Also haben wir beschlossen, als Familie auf die Straße zu gehen und eine Kundgebung in unserer Heimatgemeinde besucht. Knapp 2000 Menschen jeden Alters hatten sich dort versammelt mit bunten Schildern und Plakaten. Es gab lange, für die Kinder wahrscheinlich viel zu abstrakte Reden, jede Menge Applaus und Jubel. Was die Kinder hoffentlich mitgenommen haben, ist das Gefühl, wie wichtig es ist, seine Meinung sagen zu dürfen und gemeinsam für eine Sache einzustehen. Aus dem Mund meines Kindes hörte sich das etwa so an: „Mir war kalt und auch ein bisschen langweilig, aber es war gut, dass wir da waren.“

Viele Grüße
Kerstin Petry