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Darf Oma mitmischen?

Von Andrea Früauff

Seit acht Jahren bin ich Oma. Leider wohnen die Enkel fast 400 Kilometer weit weg und ich sehe sie nur selten. Darüber bin ich sehr traurig. Umso mehr habe ich mich gefreut, als es kürzlich geklappt hat mit einem Besuch. Die Freude war auf beiden Seiten groß. Die Schwiegertochter bekam den Vormittag frei, Papa und Oma übernahmen das Kommando: Kuchenbacken mit der Fünfjährigen, Eislaufen mit dem Achtjährigen, Schäkern mit dem Baby, damit es nicht mehr fremdelt.
Doch dann trübte ein Kommentar von mir die Stimmung. Die beiden Großen stritten sich im Auto. Ich saß dazwischen und versuchte zu schlichten. Leider erfolglos. Da rutschte es mir raus: „Du bist aber ein garstiger großer Bruder!“, tadelte ich. Das nahm mein Enkel wohl sehr ernst, denn daheim angekommen, kümmerte er sich rührend um seine Baby-Schwester.
Aber die Kritik muss ihn sehr getroffen haben, wie mir meine Schwiegertochter später erzählte. Auch dass ich in der Pizzeria zu seiner Schwester im Spaß sagte: „Wer nicht aufisst, bekommt aber keinen Nachtisch!“, bezog er auf sich. Er selbst hatte den Pizzarand übrig gelassen und verzichtete auf ein Eis. Abends war mein Enkel sehr wortkarg und verschwand in seinem Zimmer. Auch am nächsten Morgen stand er nicht wie der Rest der Familie früh auf, um mich zu verabschieden. Und ich ärgerte mich, dass ich nicht einfach meine Klappe gehalten hatte.
Seitdem frage ich mich, ob und wie viel Großeltern sich einmischen dürfen bei der Erziehung der Enkel. Meine Schwiegertochter und mein Sohn sind fein damit, wenn ich ab und zu einen pädagogischen Kommentar abgebe. Sie finden, das muss ihr Sohn aushalten. Mir selbst tut es aber unendlich leid, wenn die wenige Zeit, die wir miteinander verbringen können, durch solche Negativ-Erlebnisse getrübt wird. Ich habe meinem Enkel einen Brief geschrieben und mich entschuldigt. Er hat wohl auch geantwortet, aber das Baby hat den Brief zerfetzt. Deshalb kam die Antwort nie bei mir an.
Meine Lehre aus der Misere: Nächstes Mal halte ich mich raus und genieße einfach nur die schönen Stunden mit den Kindern.

Viele Grüße
Andrea Früauff