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Bitte lächeln!

Von Eva Fauth

Wer bei uns zuhause die Treppe hochgeht, kommt an vielen Bildern vorbei. Es beginnt bei Fotos, als die Kinder noch klein waren, und geht Stufe für Stufe weiter – die neusten Bilder hängen oben. An dieser Galerie vorbeizugehen ist für mich immer eine kleine Zeitreise durch schöne Momente im Familienleben. Meist finden sich dort auch Fotos vom gemeinsamen Sommerlaub, darunter auch eines, das meinen jüngeren Sohn und mich als Brokkoli zeigt. Wer genau hinschaut, kann sehen, dass die Brokkoli Augen haben und grinsen. Für alle, die das genauso wenig kennen, wie ich vorher: Das ist ein Filter, den man in der Snapchat-App nutzen kann. Neben vielen weiteren, deren Sinn sich mir nicht wirklich erschließt.

Das Brokkoli-Bild habe ich aufgehängt, weil es zeigt, wie sich die Urlaubsfotos verändern, wenn die Kinder keine Kinder mehr sind. Kaum richtet sich meine Kamera auf sie, drehen sie sich genervt weg, verweisen auf ihr Recht am Bild und erklären, dass sie gestellte Fotos doof finden. Früher war es einfach: Da ließen sich meine Jungs gerne und überall ablichten, fröhlich lachend oder Grimassen schneidend. Nach dem Urlaub hatte man so eine schöne Auswahl an tollen Bildern. In den letzten Jahren dagegen finden sich zwischen hübschen Landschaftsaufnahmen vermehrt griesgrämige Gesichter, ganz und gar nicht geeignet für die Galerie.

Irgendwie kann ich die Jungs ja auch verstehen. Ich habe auch nicht immer Lust, auf Knopfdruck in die Kamera zu lächeln und gefalle mir auf vielen Bildern nicht. Klar, dass ich diese dann auch nicht gerahmt an der Wand sehen will. Deshalb bin ich nach den ganzen Diskussionen erst mal mit den Jungs zusammen die Treppe hochgegangen und wir haben die Bilder aussortiert, die sie von sich gar nicht mochten. Im Urlaub sind wir dazu übergegangen, dass Familienfotos im Familienkreis begutachtet werden. Das gestaltet sich dann meist so, dass die Jungs Bilder, die wir etwa vor einem malerischen Sonnenuntergang am Strand gemacht haben, gnadenlos aussortieren und direkt löschen. Mit Kommentaren wie: „Da guck ich blöd“, „Oh Gott, wie sehen meine Haare da aus!“ Und so weiter. Ein Okay bekommen nur wenige – positiv gesehen: Dann fällt mir die Auswahl am Ende auch nicht schwer.

Worüber ich dann allerdings in diesem Sommerurlaub grinsen musste, waren die sorgfältig geplanten Fotosessions meiner Söhne für sich. Da wurde sich vorher gestylt, die Kulisse sorgsam ausgewählt, über die besten Lichtverhältnisse diskutiert. Es wurden genaue Anweisungen gegeben („Dreh den Kopf noch ein bisschen“, „Schieb die Mütze tiefer“, mach dies, mach das…), um dann gefühlt 100 gleiche Bilder zu machen. So viel zum Thema gestellte Fotos.

Immer wenn ich an dem Brokkoli-Bild vorbeigehe, denke ich an diese endlosen Foto-Diskussionen in unseren Urlauben – auch das gehört zum Familienleben, auch wenn das Foto nicht unbedingt schön ist, aber auf jeden Fall witzig.

Eva Fauth