Ich hatte einen Traum. Einen Gartentraum. Damals, vor elf Jahren, als wir unser völlig verwildertes und meterhoch mit Brombeerhecken zugewachsenes Nachbargrundstück pachteten, stand ich dort mit dickem Babybauch und dachte: „Hach, hier werde ich bald werkeln und gärtnern zwischen blühenden Blumen und selbst gezogenem Obst und Gemüse. Die Kinder spielen derweil friedlich im Sandkasten oder mit ihrer Matschküche und pflücken ab und an eine Himbeere vom Strauch und eine Kirsche vom Baum.“
Was soll ich sagen: Es kam anders als erträumt und jede erfahrene Mutter ohne Superkräfte hat das schon nach den ersten Sätzen geahnt. Denn beim Gärtnern und beim Erziehen von Kindern gilt der Grundsatz: Richtig voran kommt man nicht und wirklich fertig wird man erst recht nicht. Es ist vielmehr ein Prozess, der mal gut läuft und überglücklich macht, bei dem man aber auch ziemlich viele Nerven lässt. Für jede ruhige Spielminute im Sandkasten gibt es eine ausgleichende, dem weinenden Geschwisterchen geklaute Schippe. Jede geerntete Kirsche bedeutet eine Menge heruntergefallener und von Wespen eingenommener Kirschen, die entsorgt werden müssen. Vom wuchernden Unkraut, Sandbergen in den Betten und zum Fußballtor umfunktionierten Blumenbeeten ganz zu schweigen.
Wenn man allerdings mal akzeptiert hat, dass das Leben als Mutter und Gärtnerin von Höhen und Tiefen geprägt ist und neben Freude auch viel Chaos bedeutet; wenn man seinen Perfektionismus über Bord wirft, ihn durch Humor ersetzt und die Dinge einfach mal laufen lässt…dann steht man jedes Jahr im Frühling wieder im Garten, pflanzt Tomaten, Himbeeren und Salat, winkt dem bereits in den Startlöchern stehenden Unkraut freundlich zu und legt schon mal die Abkühlpads für die ersten Baumkletter-Verletzungen der Kinder bereit. Dabei trägt man ein großes Grinsen im Gesicht und viel Vorfreude auf ein weiteres, unperfektes Gartenjahr im Herzen.
Es grüßt dich herzlich aus dem Chaos-Garten, Deine
