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Voller Klischees

Von Nina Jakobs

Es gibt viele tolle Kinder- und Jugendbücher, die sich differenziert mit Geschlechterrollen, Körperbild, Emotionen und vielem mehr auseinandersetzen. Aber viele ältere Bücher sind bei Kindern ebenfalls noch beliebt und ich weiß manchmal nicht, wie ich mit den Darstellungen in diesen Geschichten umgehen soll, die oftmals genau das Gegenteil von dem transportieren, was ich meinen Kindern vorzuleben versuche.

Ein Beispiel: Mein älterer Sohn hört im Moment gerne Detektivgeschichten, zuerst waren „Die drei ??? Kids“ an der Reihe, jetzt „Die drei !!!“. Letzteres ist die Variante der drei ??? von und für Mädchen. Statt drei Jungs bilden hier drei Mädchen den Detektivclub. Die Reihe ist neuer als „Die drei ???“ und wird auch extra so beworben: als Detektivgeschichten für Mädchen. Da stellt sich mir schon die erste Frage: Warum? Lässt sich das wirklich besser vermarkten, wenn man eine ganze potenzielle Hörer- und Leserschaft zumindest theoretisch von vorneherein ausschließt? Im Übrigen habe ich eine solche Eingrenzung noch nie über „Die drei ???“ gelesen. Als Mädchen kann ich außerdem sagen: Ich habe auch „Die drei ???“ gelesen und nie einen Gedanken daran verschwendet, dass das drei Jungs sind und keine Mädchen.

Von der Vermarktung einmal abgesehen, unterscheiden sich die Geschichten auch inhaltlich deutlich. Vereinfacht gesagt könnte man es so zusammenfassen: Während „Die drei ???“ ihre Fälle ermitteln, in ihrer Freizeit Kitesurfen gehen und schon zum Frühstück Kirschkuchen bei Tante Mathilda essen, verlieben sich „Die drei !!!“ in jeden zweiten ihrer Auftraggeber oder sonstige am Geschehen beteiligte Personen, werfen sich gegenseitig vor, sich extra für ein Treffen mit einem dieser tollen Typen geschminkt zu haben, und verzichten auf das Stück Kuchen aus Angst, zu dick zu werden. Ja, sicher, es gibt natürlich Unterschiede im Verhalten von Mädchen und Jungen in diesem Alter, aber das Bild, das den Zuhörerinnen hier unterschwellig vermittelt wird, lässt mir als Frau alle Haare zu Berge stehen.

Ähnlich ging es mir schon bei anderen Geschichten, wenn auch noch nie so extrem. Und jetzt? Ich versuche mit meinem Unbehagen umzugehen, indem ich mit meinem Sohn über manches Gehörte spreche. Doch vielleicht bräuchte es bei diesem Thema grundsätzlich einen kritischeren Blick auf ältere Bücher, ähnlich wie bei rassistischen Darstellungen. Denn genau so setzen sich geschlechtertypische Klischees und Rollenbilder fort, ohne dass man sich dessen so richtig bewusst ist.