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Die Magie des Wortes „noch“

Von kruschel

Portrait Kerstin Petry

„Ich kann das einfach nicht.“ Diesen Satz habe ich als Kind oft gesagt und er wurde von anderen bestätigt – besonders in Mathe (vielen Dank, Herr Welter). Irgendwann war fest in mir verankert: Ich bin einfach zu blöd für Zahlen. Damit habe ich aufgehört, mich anzustrengen. Bringt ja sowieso nichts.

Meinen Kindern will ich solche Glaubenssätze ersparen. Wie das gehen kann, habe ich in dem Buch „Alles ist schwer, bevor es leicht ist“ von Caroline von St. Ange erfahren. Dort schreibt sie über Growth Mindset. Die Idee dahinter stammt von der amerikanischen Psychologin Carol Dweck und besagt, dass wir mit Herausforderungen wachsen können. Unsere Fähigkeiten sind nicht fix und unveränderlich – wir können sie entwickeln. Dabei sind Fehler keine Sackgassen, sondern Helfer auf dem Weg zum Erfolg. (Nicht umsonst steckt das Wort „Helfer“ im Wort „Fehler“!)

Und wie bekommt man das Growth Mindset hinein in die Kinderköpfe? Zum Beispiel mit einem kleinen, unscheinbaren Wörtchen: Wenn meine Tochter frustriert bei den Hausaufgaben sitzt und sagt: „Ich kann das einfach nicht!“, ergänze ich ihren Satz um dieses Wort: „Du kannst das NOCH nicht.“

Natürlich rollte sie dann mit den Augen, wie es sich für eine ordentliche Tochter gehört, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses Wort in ihr arbeitet. Denn mittlerweile korrigiert sie sich manchmal sogar selbst: „Ich kann das… okay, NOCH nicht.“ Genau das ist der Punkt: „Noch“ lässt die Tür offen und macht klar: Scheitern ist ein Teil des Lernprozesses.

Ein weiterer toller Tipp zum Growth Mindset aus dem Buch: Nimm eine Rolle Toilettenpapier und schreib gemeinsam mit deinem Kind auf, was es alles schon gelernt hat. Vom Krabbeln übers Schuhe binden bis hin zum 1×1 – jede Kleinigkeit zählt. Wenn die Rolle vollgeschrieben ist, rollst du sie zusammen. Und wenn beim nächsten „Ich kann das nicht!“ die Zweifel kommen, zeigst du sie her: „Schau, all das hast du schon geschafft, auch wenn es anfangs richtig schwer war.“

Das „Klopapierprojekt“ steht übrigens noch auf meiner To-do-Liste und ist eigentlich ein wunderbares Projekt zum Abschluss des Jahres. Aber ich schaffe es einfach nicht, loszulegen. Oder wie meine Tochter sagen würde: „Du schaffst es NOCH nicht.“

Kerstin Petry