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Pandemie löst bei Schwangeren viele Ängste aus

Von Nicole Eyberger, dpa

Eine Schwangerschaft ist für viele Frauen eine Herausforderung. Durch die Pandemie haben sich die Probleme schwangerer Frauen verstärkt. Damit sind auch Schwangerschaftsberater besonders gefragt. Die Einschränkungen durch das Virus haben aber nicht nur Nachteile.

Marijan Murat/dpa

Befristeter Job, frische Beziehung, Pandemie – und plötzlich schwanger. Karin Grauf ist Schwangerschaftsberaterin in Crailsheim (Landkreis Schwäbisch Hall). Sie kennt solche Geschichten sehr gut.

Seit fast zwei Jahren berät und begleitet die Caritas-Mitarbeiterin schwangere Frauen in schwierigen Situationen. Ihre Arbeit sei anstrengender geworden, sagt Grauf. Durch die Pandemie habe sie als Beraterin immer wieder neue Lösungen finden müssen. Ihre Gesprächsstunden verlagerte sie oft ins Internet, häufig ging sie auch spazieren mit den Frauen.

Mit Onlineberatung näher an den Menschen sein

Eine Erfahrung, die auch die Schwangerschaftsberatungsstelle Pro Familia gemacht hat und nutzen will: «Mit der Digitalisierung kommen wir näher an die Leute heran», sagte eine Sprecherin. Dort und auch beim Caritasverband sollen die Alternativen übers Internet dauerhaft im Angebot bleiben. Gerade auf dem Land könne die Onlineberatung den Kontakt zwischen Beratungsstelle und Klientinnen erleichtern, sagte eine Beraterin des Verbandes in Rottenburg-Stuttgart. In der Pandemie bieten einige Stellen unter anderem Videoberatungen an, sie stehen zudem am Telefon Rede und Antwort.

Grauf will sich nicht beschweren. Sie verweist auf diejenigen, die zu ihr kommen und Rat suchen: «Es ist schwierig, in dieser Pandemie schwanger zu sein», sagt sie. Werden Frauen in unsicheren Arbeitsverhältnissen schwanger, kämen bereits eh oft massive existenzielle Ängste auf, viele machten sich Sorgen ums Geld. Das verstärke sich natürlich, wenn es die Pandemie fast unmöglich mache, zu planen, sagt Grauf. Eine ihrer Klientinnen stimmt zu: «Dass ich plötzlich schwanger war, das war schon etwas Schönes», sagt die Frau aus Crailsheim. «Aber dann fing es an mit der Angst.» Auch sie steckte zu Beginn ihrer Schwangerschaft in einem befristeten Arbeitsverhältnis, abgesichert war sie nicht.

Die 27-Jährige ist eine von mehr als 7000 schwangeren Frauen, die der Caritasverband Rottenburg-Stuttgart im ersten Jahr der Pandemie begleitet hat. Dabei seien deutlich mehr Beratungsgespräche benötigt worden als die Jahre zuvor, teilte der Verband mit. Auch bei der Beratungshilfe Pro Familia Baden-Württemberg ist der Gesprächsbedarf rund um Schwangerschaftsabbrüche um ein Viertel gestiegen.

Große Verunsicherung für angehende Familien

Die Pandemie habe verunsichert und bedrohe die Lebensgrundlage angehender Familien, nicht nur gesundheitlich, sondern vor allem finanziell, heißt es übereinstimmend. Beim Caritasverband waren nach eigenen Angaben rund drei von vier Frauen wegen Geldsorgen in der Beratung. Fast genauso viele Frauen mussten unterstützt werden, um im Behörden- und Antragsdschungel Unterstützungsgeld einzufordern. Viele Behörden hätten in der Pandemie ihre Türen geschlossen und seien nur noch telefonisch oder per E-Mail erreichbar gewesen. Das habe Behördengänge komplizierter gemacht und Bearbeitungszeiten in die Länge gezogen, sagt Grauf. Für viele Frauen zu sehr: «Familien im Niedriglohnbereich können keine acht Wochen überbrücken», heißt es beim Caritas-Verband.

Nach über einem Jahr voller Behördengänge und Beratungsstunden könne Graufs Klientin nach eigenen Angaben der jungen Mutter endlich wieder sicher auf eigenen Beinen stehen. Die Hilfe der Beraterin nimmt die Familie aber auch nach der Schwangerschaft noch gerne in Anspruch: «Weil man weiß: Da ist jemand, der sich auskennt. Hier wurde mir die Angst genommen.»

Auch Grauf freut sich über den Kontakt nach der Geburt. Obwohl sie seit der Corona-Pandemie mehr zu tun habe, wolle sie für die Frauen ansprechbar bleiben – vom Beginn der Schwangerschaft bis mindestens zum dritten Lebensjahr des Kindes.

© dpa-infocom, dpa:220110-99-653179/5