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Kita gesucht? Wie man einen Betreuungsplatz zur Not einklagt

Von Sabine Meuter, dpa

Eltern suchen mitunter händeringend einen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind. Manchmal jagt eine Absage die nächste. Was Mütter und Väter in solchen Fällen tun können.

Uli Deck/dpa/dpa-tmn/Archivbild

Einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz: Den gibt es in Deutschland spätestens nach dem vollendeten ersten Lebensjahr für jedes Kind. Nur: An solchen Plätzen mangelt es in der Praxis vielerorts. Und nun? Können Eltern einen Betreuungsplatz einklagen?

«Das kommt darauf an, ob der vorgesehene Ablauf eingehalten wurde», sagt der Hamburger Rechtsanwalt und Vorsitzende des gesetzgebenden Ausschusses Sozialrecht des Deutschen Anwaltsvereins, Prof. Ronald Richter. Bevor Eltern Klage erheben, sollten sie mehrere Schritte einhalten.

«Herumtelefonieren reicht nicht»

Die Checkliste sieht so aus: Mütter und Väter müssen prüfen, welche Kindertagesstätten es in der Umgebung gibt und sich dort nach einem freien Platz erkundigen. «Aber nur herumtelefonieren reicht nicht, in einer Kita müssen Eltern ihr Kind förmlich anmelden und es notfalls auf eine Warteliste setzen lassen», sagt Richter. Wichtig ist mit Blick auf eine mögliche spätere Klage, bei so vielen Kitas wie möglich anzufragen – und zwar in einer Entfernung von bis zu zehn Kilometern vom eigenen Zuhause.

Keinen Platz fürs Kind bekommen? Dann sollten die Eltern «unbedingt frühzeitig das zuständige Jugendamt über den Betreuungsbedarf informieren», rät der Kölner Rechtsanwalt Felix Winkler. So halten sich Eltern die Option offen, später den Rechtsanspruch gerichtlich geltend machen zu können. Und zwar für den Fall, dass das Jugendamt den Rechtsanspruch nach der Bedarfsanmeldung nicht erfüllt.

Widerspruch ist Klage in der Regel vorgeschaltet

Ist die Behörde nun nicht in der Lage, den Eltern einen Kitaplatz für ihr Kind zuzuweisen, verschicken einige Behörden einen entsprechenden Ablehnungsbescheid. «Viele Behörden verzichten mittlerweile jedoch auf solche Ablehnungsbescheide und informieren Eltern nur per E-Mail», sagt Winkler.

Gegen ein Nein müssen Eltern nun Widerspruch erheben – und zwar schriftlich. «Eine einfache E-Mail reicht leider nicht», sagt Richter. Es muss ein förmliches Schreiben sein, das Eltern dann aber als Anhang einer E-Mail anfügen können. Widerspruch erheben müssen Mütter oder Väter innerhalb von einem Monat nach Erhalt des Ablehnungsbescheids. Bleibt auch das Widerspruchsverfahren ohne Erfolg, können Eltern Klage erheben.

Was unbedingt zu beachten ist: In manchen Bundesländern wie etwa in Bayern ist ein Widerspruchsverfahren nicht möglich. Dort müssen betroffene Eltern direkt gegen einen Ablehnungsbescheid klagen.

«Neben einer Klage können Eltern auch über eine Anwältin oder einen Anwalt ein Eilverfahren einleiten lassen, um für ihr Kind an einen Betreuungsplatz zu kommen», so Felix Winkler. Im Zuge eines solchen Verfahrens müssen sie dann glaubhaft machen, dass ihr Anliegen tatsächlich eilbedürftig ist. Das ist etwa der Fall, wenn beide Elternteile berufstätig sind. Der Vorteil: «Im Zuge eines Eilverfahrens gibt es innerhalb von ein paar Tagen einen Betreuungsplatz, während eine Klage sich ein bis zwei Jahre hinziehen kann», so Winkler.

Unterlegene Partei trägt die Gerichtskosten

Wichtig zu wissen: Die Kita muss nicht nahe der Wohnung der Familie liegen. «Eine Fahrtzeit von 30 Minuten zur Kita mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist nach Auffassung der Gerichte grundsätzlich zumutbar», erklärt Winkler. Einen Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung gibt es nicht zwingend – das hängt beispielsweise von der Arbeitssituation der Eltern ab.

Hat das Kind das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet und sind Mutter und Vater in Vollzeit tätig, steht die Kommune grundsätzlich in der Pflicht, eine ganztägige Betreuung im Umfang von bis zu 45 Wochenstunden zu ermöglichen. Hat das Kind das dritte Lebensjahr vollendet und arbeiten die Eltern in Teilzeit, besteht grundsätzlich nur ein Anspruch auf Betreuung des Kindes von bis zu 30 Stunden pro Woche.

Egal ob es nun über eine Klage oder ein Eilverfahren einen Betreuungsplatz gibt: Sämtliche Kosten für Anwalt oder Anwältin sowie die Gerichtskosten trägt die unterlegene Partei – oft ist das eben die zuständige Kommune. Die Kommune muss auch zahlen, wenn Eltern selbst auf juristischem Wege keinen Betreuungsplatz für den Sohn oder die Tochter zugewiesen bekommen und sie selbst eine Betreuung organisieren müssen.

Kommune muss im Zweifel Alternativbetreuung bezahlen

Prof. Ronald Richter nennt ein Beispiel: Ein Paar lebt in Niedersachsen. Für den kleinen Sohn gibt es trotz Klage keinen Kitaplatz, weil es in der Kommune an freien Plätzen in einer Betreuungseinrichtung mangelt. Das Paar, beide beruflich in Vollzeit tätig, begibt sich nun auf die Suche und entscheidet sich dafür, dass die Schwiegermutter des Mannes das Kind betreuen soll. Allerdings lebt sie nicht in Niedersachsen, sondern muss für die Betreuung weit anreisen.

Weil in der Wohnung der kleinen Familie kein Platz für sie ist, wohnt sie in einem Hotel. «Die Kommune muss nun Anreise und Unterbringungskosten der Schwiegermutter bezahlen», sagt Prof. Richter. Die Kosten für das Hotel müssten sich dabei am «normalen Standard» orientieren, für eine Luxusherberge zahlt die Kommune nicht.

Eltern können ihr Kind auch in einer privaten Kindertagesstätte oder von einer Tagesmutter oder einem Tagesvater betreuen lassen, falls sie über die zuständige Kommune keinen Platz erhalten. Auch in dem Fall kommen für die Kosten nicht die Eltern, sondern die Kommune auf.

«Ist eine Mutter oder ein Vater mangels anderer Alternativen gezwungen, das Kind selbst zu betreuen, können sie unter Umständen einen möglichen Verdienstausfall als Schaden gegenüber der Kommune geltend machen», sagt Rechtsanwalt Winkler. Dafür zieht man im Vorfeld aber besser einen Anwalt oder eine Anwältin zurate, um ausloten, ob eine solche Klage Aussicht auf Erfolg hat.

Infokasten:

Wann Anspruch auf einen Betreuungsplatz besteht, regelt Paragraf 24 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII. So haben Eltern eines Kindes unter einem Jahr zum Beispiel einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Einrichtung, wenn beide Elternteile berufstätig sind. Eltern eines Kindes, das zwischen zwölf Monate und drei Jahre alt ist, haben – egal ob sie einem Beruf nachgehen oder nicht – einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege.

Wer ein Kind im Alter ab drei Jahren hat, hat bis zu dessen Einschulung einen Rechtsanspruch auf Platz in einer Tageseinrichtung oder in einer Kindertagespflege – unabhängig davon, ob die Eltern berufstätig sind oder nicht.

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