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Wann ziehen Kinder aus?

Von Eva Fauth

Als ich es mir abends gemütlich mache und nochmal meine Nachrichten auf dem Handy checke, lese ich: „Junge Menschen ziehen in Deutschland im Schnitt mit 20,5 Jahren von daheim aus.“ Oh Schreck – dann ist es ja bald so weit, denke ich. Ich gehöre nicht zu den Müttern, die bei dem Gedanken erleichtert aufatmen, ganz im Gegenteil.


Rumms, da geht die Tür auf. Der Jüngere (17,8 Jahre) kommt heim vom Fußballtraining, steigt aus den Schuhen, schält sich aus den Klamotten, lässt den Rucksack auf den Boden und sich in den Sessel plumpsen und stöhnt: „Uff, das war anstrengend!“ Mal sehen, ob er den Kram später wegräumt – vermutlich mache ich das, weil es mich nervt, wenn alles rumliegt.


Aber erst mal recherchiere ich ein bisschen weiter. Ziehen die wirklich schon mit 20,5 Jahren aus? Das sagt eine neue Studie, erstellt im Auftrag von Immowelt. Naja, die Immobilienbranche freut sich, wenn junge Leute auf Wohnungssuche gehen. Wo sie diese finden wollen und zu welchem Preis, das ist ein anderes Thema.


Bei Statista finde ich andere Zahlen: Demnach ziehen Männer mit 24,7 Jahren und Frauen mit 23,1 Jahren aus. Hier gibt‘s auch gleich die Zahlen aus anderen Ländern dazu: Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ziehen die Kinder in Deutschland sogar ziemlich früh aus. In Polen zum Beispiel ist das Durchschnittsalter 26,7 Jahre, in Spanien 28,8 Jahre. Spitzenreiter ist Kroatien mit 30,9 Jahren. Wieder denke ich: Oh Schreck! Also so lange muss es ja auch nicht sein.


Ich überlege, wie das bei mir war: Ich war 21, als ich mit zwei Freundinnen in eine WG gezogen bin. Es war eine tolle Zeit mit Studium und vielen Partys. „War schon komisch, als du ausgezogen bist“, erinnert sich meine Mutter, aber sie hat sich schnell dran gewöhnt. Und ich kam noch ziemlich oft nach Hause, weil ich vom chaotischen WG-Leben auch manchmal eine Pause brauchte.


Während ich in Erinnerungen schwelge, kommt mein Großer (fast 20) in die Küche. Ich versuche ihn in ein Gespräch zu verwickeln, plaudere fröhlich drauf los, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, dass er nicht mehr zu Hause wohnt. Und merke erst recht spät, dass er gar nichts hört, weil er Stöpsel in den Ohren hat. Irgendwie sind die Kinder oft gefühlt schon weit weg, auch wenn sie direkt vor einem stehen. Er stöpselt sich kurz aus und fragt: „Hast du was gesagt?“ Ich: „Nee, schon gut…“


So geht ein weiterer typischer Familienabend mit zwei großen Jungs zu Ende. Ich lebe wirklich gerne mit ihnen zusammen, auch wenn vieles nervt, es öfter mal Stress gibt – die schöne Zeit überwiegt. Deshalb sage ich mir: Einfach genießen, ausziehen werden sie sowieso früh genug.

Eine gute Zeit wünscht

Eva Fauth