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Natur-Filmer: «Das ist ein gigantischer Aufwand»

Von dpa

Die Doku-Reihe «Unsere Meere» gibt neue Einblicke in die Unterwasserwelt der Nord- und Ostsee. Aber wie entstehen solche Filme über Tiere und Natur? Das hat uns der Macher der Dokus verraten.

Doclights GmbH/dpa

Wie viele Tiere tatsächlich in den Tiefen der Nord- und Ostsee leben, interessiert wohl viele Menschen in Deutschland. Darüber informiert nun eine neue Doku-Reihe in der ARD-Mediathek. Sie heißt: «Unsere Meere». Schon nach fünf Tagen wurde sie mehr als eine Million Mal aufgerufen. Das hat selbst den Natur-Filmer Thomas Behrend überrascht. Er hat uns einen Einblick hinter die Kulissen der erfolgreichen Doku-Reihe gegeben.

Woher weiß man, wo man die Tiere im Meer findet?

Thomas Behrend: «Ich habe schon früh in der Ostsee das Tauchen gelernt, ich bin Hamburger. Deswegen hatte ich sozusagen schon mehrere Jahrzehnte, um mir meine Lieblingstiere hier auszusuchen. Im Grunde genommen ist «Unsere Meere» die Summe aller meiner Erfahrungen über die letzten Jahrzehnte in Ost- und Nordsee.»

Wie lange mussten Sie unter Wasser auf die Tiere warten?

Thomas Behrend: «Besonders lange gesucht haben wir den Seehasen, einen Fisch, der ganz toll auf seine Nachkommen aufpasst. Schließlich haben wir ihn in der Nähe der Stadt Rostock gefunden. Wir haben eine kleine Boje neben seinen Eiern befestigt und zusätzlich ein langes Seil bis ans Ufer gelegt. So konnten wir ihn immer wieder finden. Wir haben bestimmt sechs Wochen alle zwei Tage stundenlang da unten in abwechselnden Teams gewartet und gefilmt. Das zeigt: So eine Sieben-Minuten-Geschichte zieht sich über Monate hin. Das ist ein gigantischer Aufwand.»

Was macht man, wenn man beim Tauchen mal pinkeln muss?

Thomas Behrend: «Wenn es warm genug ist, macht man die Tauchgänge in Nass-Tauchanzügen. Dann ist es tatsächlich so, dass man in den Anzug reinpinkelt. Viele Taucher würden das niemals zugeben, weil das ja irgendwie auch ein bisschen eklig ist. Aber es gibt letztendlich keine andere Möglichkeit. Das muss man dann einfach danach auswaschen. Wenn es richtig kalt ist und man einen Trockenanzug anhat, kann man in den aber nicht hineinpinkeln. Da muss man echt durchhalten und das ist manchmal ganz schön schlimm.»

Hatten Sie auch mal Angst vor den Tieren?

Thomas Behrend: «Nein. Respekt habe ich grundsätzlich vor jedem Tier. Und ich hatte auch am Anfang meiner Karriere natürlich Angst oder Befürchtungen, etwa mit Haien zu tauchen. Wenn ich heute mit Haien tauche, dann habe ich überhaupt keine Angst mehr. Weil ich weiß, dass die nach etwas ganz anderem suchen, als nach mir.»

Es gibt auch Szenen in der Dokumentation, in denen man sieht, wie Tiere andere Tiere attackieren. Haben Sie da manchmal das Bedürfnis, einzuschreiten?

Thomas Behrend: «Ja! Wir haben ständig das Gefühl, dass wir eingreifen möchten. Zum Beispiel, wenn die Möwen auf Bornholm die Eiderenten-Küken eins nach dem anderen greifen und fressen. Natürlich möchte man dann diese ganzen kleinen Küken am liebsten einpacken und zum sicheren Meer bringen, dass ihnen nichts passiert. Aber das muss man eben auch lernen, dass das die Natur ist. Das ist die natürliche Selektion und wir dürfen nicht eingreifen.»

Haben Sie mal Kameras oder andere Ausrüstung im Wasser verloren?

Thomas Behrend: «Ja, das passiert immer mal wieder. Zum Beispiel, wenn man in einer großen Brandung taucht, wo man sich selbst als Kameramann in Lebensgefahr begibt, weil die Wellen so gegen die Felsen schlagen. Dann passiert das schon mal, dass eine Ausrüstung gegen einen Stein knallt und dann plötzlich das Unterwassergehäuse vollläuft. Dann ist natürlich alles kaputt. Wenn man aber wirklich ganz tolle Aufnahmen schaffen möchte, wenn man die Zuschauer begeistern will, dann muss man auch riskieren, dass manchmal Material kaputtgeht.»

Was macht diese Dokumentation so besonders?

Thomas Behrend: «Die letzte Doku, die ich über die Unterwasserwelt der Nord- und Ostsee gesehen habe, ist über 30 Jahre her, da war ich selbst noch sehr jung. Diese Meere bieten eigentlich, so denkt man, ganz wenig, was man überhaupt filmen kann. Das heißt auch: Wir haben überhaupt kein Bild davon, wie unfassbar fantastisch diese Meere an unseren Grenzen sind. Wir werden auch nie wieder einen so besonderen Film über Nord- und Ostsee bekommen. Denn durch die globale Erwärmung und die weitere Verschmutzung unserer Meere sind diese Lebensräume massiv bedroht.»

© dpa-infocom, dpa:230403-99-196119/2